Ärzte und Kassen erleichtern gezielte Antibiotika-Gabe
In einem gemeinsamen Modellprojekt fördern die Partner bundesweit erstmalig den quantitativen CRP-Schnelltest
Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) und die Mehrzahl der Krankenkassen (AOK Rheinland/Hamburg, Betriebskrankenkassen, DAK-Gesundheit und IKK classic) setzen sich weiter für die Erleichterung einer gezielten Verordnung von Antibiotika in der ambulanten Versorgung ein. Im Rahmen eines gemeinsamen Modellprojekts wird erstmals der sog. quantitative CRP-Schnelltest gefördert, den Hamburgs Haus-, Kinder- und HNO-Ärzte in der eigenen Praxis durchführen können und mit dessen Hilfe sie bereits nach wenigen Minuten das Ergebnis erhalten, ob ein Infekt eine virale oder bakterielle Ursache hat. Dies trägt letztlich auch dazu bei, die Entwicklung multiresistenter Keime zu verhindern.
Der CRP-Schnelltest funktioniert wie ein Blutzuckertest und zeigt an, ob im Körper bakteriell bedingte Entzündungswerte vorhanden sind. Bei schweren bakteriellen Infektionen kommt es zu einem Anstieg des C-reaktiven Proteins (CRP), der bei viralen Infektionen in der Regel ausbleibt. Hieran kann abgelesen werden, ob der Einsatz eines Antibiotikums sinnvoll ist.
„Die Ärzte in Hamburg haben in den vergangenen Jahren mit der Initiative ‚Antibiotika gezielt einsetzen‘ große Erfolge erreicht“, erläuterte Walter Plassmann, Vorstandsvorsitzender der KVH, „die Verordnungen gerade für Kinder sind signifikant zurückgegangen.“ Der Einsatz des CRP-Tests soll die Ärzte bei dieser Arbeit weiter unterstützen und nicht zuletzt den Patienten die Unsicherheit nehmen. „Wir hören immer wieder, dass Patienten Druck ausüben, um Antibiotika verordnet zu bekommen; mit dem Test können ihnen mögliche Sorgen genommen werden.“
„Es werden in Deutschland immer noch zu viele Antibiotika aufgrund einer Erkältung, Bronchitis oder Grippe verordnet“, sagt Dr. Dirk Janssen, stellv. Vorstand des BKK-LV NORDWEST für die am Vertrag beteiligten Krankenkassen. „80 bis 90 Prozent der Atemwegsinfekte – zu denen Erkältung und Co. gehören – sind durch Viren verursacht. Antibiotika helfen hier nicht. Damit Antibiotika und besonders Reserveantibiotika bei bakteriellen Infektionen ihre Wirkung behalten, müssen sie gezielter eingesetzt werden. Der CRP-Test unterstützt Ärzte bei ihrer Entscheidung, ob ein Antibiotikum sinnvoll ist und hilft dem Patienten zu verstehen, ob ein Antibiotikum benötigt wird oder nicht.“
„Als Ärzte sind wir verpflichtet, jeden Schaden von unseren Patienten abzuwenden soweit das möglich ist, hierzu zählt auch die unnötige Gabe von Arzneimitteln. Deshalb kommt dieser Vertrag vor allem den Hamburger Patientinnen und Patienten zugute“, sagt Dr. Dirk Heinrich, niedergelassener HNO-Arzt aus Hamburg-Horn und Vorsitzender des Berufsverbandes der HNO-Ärzte. „Zum einen können wir mit ihm innerhalb kurzer Zeit eine fundierte therapeutische Entscheidung fällen und diese – auch im Gespräch mit unseren Patienten – besser kommunizieren. Zum anderen profitieren alle Menschen davon, wenn auch in Zukunft wirksame Antibiotika zur Verfügung stehen.“
Der CRP-Vertrag wird durch eine von der Christian-Albrecht-Universität in Kiel durchgeführten wissenschaftlichen Evaluation begleitet.