Politik sendet völlig falsches Signal an die Ärzteschaft
Die KV Hamburg kritisiert ausdrücklich den im GKV-Stabilisierungsgesetz vorgesehenen Passus zur Abschaffung der extrabudgetären Vergütung von Neupatienten wie auch die geplanten Änderungen zur offenen Sprechstunde. Das von Herrn Prof. Lauterbach diagnostizierte Einnahmenproblem aufgrund des demografischen Wandels in der gesetzlichen Krankenversicherung solle anscheinend zu Lasten der Vertragsärzte und-psychotherapeuten, und damit letztlich zu Lasten der Patienten, gelöst werden. „Das bestehende Einnahmenproblem wird nicht durch die Kürzung von Ausgaben bewältigt werden. Dieser Ansatz, die Ausgaben zu kürzen, ist ein Aufruf, die Leistungen zu kürzen.", sagt John Afful, Vorsitzender der Kassenärztlicher Vereinigung Hamburg.
„Nach Jahren der Pandemiebekämpfung und mit Blick auf die von Herrn Prof. Lauterbach skizzierten Pandemieszenarien für den bevorstehenden Herbst und Winter ist es völlig unverständlich, wie der Bundesgesundheitsminister die Vertragsärzte und -psychotherapeuten auffordern kann, ihre Strukturen erneut anzupassen und das mit einer Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu begleiten", sagte Afful. „Das erkennt in keinster Form den jüngsten Einsatz der Niedergelassenen während der Pandemie an."
Für die Versorgung ihrer Patienten seien die Praxen auf eine zukunftssichere sowohl finanzielle als auch strukturelle Perspektive angewiesen. Die im TSVG (Terminservice- und Versorgungsgesetz) geschaffenen Anreize, neue Patienten auch im Rahmen der offenen Sprechstunden zu versorgen, würden mit dem aktuellen Vorhaben kassiert.
Zudem zeigte sich Afful verärgert über die Begründung des Gesundheitsministers zur Streichung: „Die Behauptung, man könne nicht zwischen Bestands- und Neupatient unterscheiden, ist schlicht falsch. Selbstverständlich sind wir in der Lage das zu identifizieren, denn es war ja in den vergangenen Jahren Grundvoraussetzung, um überhaupt die extrabudgetären Leistungen der Neupatientenregelung korrekt vergüten zu können.“
Die Streichung vermittle den Eindruck großer politischer Unzuverlässigkeit, da gerade erst gemachte Leistungsanreize zur Erhöhung der Versorgungsintensität binnen kurzer Zeit wieder zurückgenommen würden. Gerade in einer Zeit, in der ärztlicher Nachwuchs im ambulanten Sektor händeringend gesucht wird, sei dies ein völlig falsches Signal. Dass die Kürzungen im Gegensatz zu den Niedergelassenen den stationären Bereich mit dem Verweis auf steigende Heizkosten nicht treffen, verschärfe diese Schieflage zusätzlich. Praxen hätten ebenso mit erhöhten Heizkosten und der zunehmenden Inflation zu kämpfen.