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08.02.2018

"Eine weitere Schwächung der Selbstverwaltung"

Mit herber Enttäuschung und Entsetzen haben die Kassenärztlichen Vereinigungen Schleswig-Holstein (KVSH) und Hamburg (KVH) auf die gesundheitspolitischen Pläne einer möglichen Großen Koalition reagiert. Die Passagen des Koalitionsvertrages zum Thema Gesundheit sind Ausdruck mangelnder Wertschätzung gegenüber der Arbeit niedergelassener Ärzte und Psychotherapeuten und stellen weitere massive staatliche Eingriffe in die ärztliche und psychotherapeutische Selbstverwaltung dar.

Völlig willkürlich soll das Mindestsprechstundenangebot der Vertragsärzte und -psychotherapeuten von 20 auf 25 Stunden erhöht werden. "Das Papier ist eine Realitätsverkennung", sagt Dr. Monika Schliffke, Vorstandsvorsitzende der KVSH. Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zeigen, dass Vertragsärzte bereits jetzt im Durchschnitt über 50 Stunden pro Woche arbeiten. "Statt zu würdigen, dass niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten mit ihrem täglichen Einsatz die Vorgaben zur Wochenarbeitszeit mehr als erfüllen, beleidigt die mögliche Koalition einen ganzen Berufsstand", so Schliffke weiter. Statt ideologische Gerechtigkeitsdebatten zu führen, sollten die möglichen Koalitionäre dafür sorgen, dass die erbrachte Leistung auch voll bezahlt und nicht wie bisher durch Honorarbudgets gedeckelt wird.

Reformkonzepte, um die wirklich dringenden Probleme in der ambulanten medizinischen Versorgung, wie den drohenden Ärztemangel, gemeinsam zu lösen? Fehlanzeige. Stattdessen Misstrauen gegenüber der niedergelassenen Ärzteschaft. Die Ankündigung, dass die Bundesländer künftig ein Mitberatungs- und Antragsrecht in den Zulassungsausschüssen von Ärzten bzw. Psychotherapeuten und Krankenkassen haben sollen, ist der nächste staatliche Eingriff in die gemeinsame Selbstverwaltung und schränkt diese weiter ein. Gleiches gilt für das Vorhaben, in Zukunft die Länder entscheiden zu lassen, in welchen Regionen des Landes Zulassungssperren aufgehoben werden sollen. Das birgt die Gefahr, dass Versorgungsentscheidungen nicht mehr fachlich, sondern politisch getroffen werden.

"Dieses Papier", so Walter Plassmann, Vorstandsvorsitzender der KVH, "ist geprägt vom größer werdenden Misstrauen der Politik in die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten. Es verkennt, dass es vor allem die Selbstverwaltung ist, der unser hervorragendes Gesundheitssystem seine Qualität verdankt. Stattdessen stärkt es weiter den staatlichen Einfluss auf das System, und es ist nur schwerlich zu übersehen, wo dieser Weg, der von der Politik immer konsequenter beschritten wird, irgendwann enden wird - nämlich in einem staatlichen Gesundheitssystem." Dass dies aber unweigerlich mit einer Beschneidung von Privilegien der Patienten, der freien Arztwahl und dem freien Zugang zur medizinischen Leistung, einhergeht, sei unvermeidbar. "Andere Länder beneiden uns um unser System - und hier wird alles getan, um es zu zerstören."

Gleichzeitig müssen die Kassenärztlichen Vereinigungen mit dem Geld ihrer Mitglieder und ohne zusätzliche Finanzmittel eigene Einrichtungen, wie etwa die Terminservicestellen, aufbauen und deren Angebot künftig sogar noch erweitern. Dabei wird völlig ignoriert, dass die Terminservicestellen bereits jetzt kaum genutzt werden. Hier liefern Union und SPD nur Scheinargumente in der Diskussion um die angeblich fehlende Gerechtigkeit in der Versorgung von gesetzlich und privat versicherten Patienten.