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17.10.2014

Gesundheitsreform wird ambulante Versorgung in Hamburg zerstören

938 Ärzte und Psychotherapeuten weniger? – Ende des fahrenden Bereitschaftsdienstes?

Massive Verschlechterung der ambulanten Versorgung

Hamburger Patienten müssen sich auf eine massive Verschlechterung der ambulanten medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung in Hamburg einstellen. Kommt die von der Bundesregierung angedachte Gesundheitsreform, müsste jeder fünfte Hamburger Arzt und jeder dritte Hamburger Psychotherapeut verschwinden, der ärztliche Bereitschaftsdienst seine Tätigkeit einstellen, und die Wartezeiten würden trotz „Terminmanagements“ deutlich anwachsen. Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) fordert deshalb den Hamburger Senat auf, alles zu unternehmen, um diese Bedrohung der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung in der Hansestadt noch abzuwenden.

 

Laut Entwurf der Gesundheitsreform sollen Arzt- und Psychotherapeutensitze von der KVH „aufgekauft“ werden, wenn es in der betreffenden Fachgruppe eine Überversorgung gibt. Das ist in Hamburg in allen Gruppen der Fall. Deshalb müssten 938 Arztsitze verschwinden – ein Viertel aller Zulassungen, unter anderem 81 Hausärzte, 15 Kinderärzte, 155 Internisten, 15 Gynäkologen und 331 Psychotherapeuten. „Das ist Wahnsinn“, kommentiert Dr. Dirk Heinrich, Vorsitzender der KVH-Vertreterversammlung, diese Auswirkungen, „in Mecklenburg wird kein einziger zusätzlicher Arztsitz entstehen, nur weil wir in Hamburg einen Kahlschlag vornehmen.“ Hinzu käme, so Dr. Silke Lüder, stellvertretende Vorsitzende der KVH-Vertreterversammlung, dass bei einem solchen Praxisvernichtungsprogramm schlagartig Tausende von Arbeitsplätzen wegfielen.

 

Nahezu schizophren wirkten diese Absichten, wenn man auf der anderen Seite im Gesetzesentwurf lese, dass „Servicestellen“ eingerichtet werden sollen, um schneller Termine bei Fachärzten zu bekommen. „Wie man schneller Termine vergeben kann, wenn das Angebot massiv zusammengestrichen wird, muss die Regierung noch erklären“, sagt Heinrich.

 

Auch vermeintliche Verteilungsprobleme in Hamburg würden nicht gelöst: „Der Sitz ist weg und kann nicht nachbesetzt werden“, so Heinrich, „außerdem haben wir auch in Hamburg Nachwuchsprobleme. Kein junger Arzt wird statt des angebotenen, aber leider gestrichenen Sitzes in einer Gemeinschaftspraxis im Stadtteil A nun eine Einzelpraxis im Stadtteil B aufmachen, wenn das nicht seiner Lebensplanung entspricht.“

 

Ohne Not solle auch in die Notfallstrukturen eingegriffen werden. „Unsere Notfallpraxen und unser fahrender Bereitschaftsdienst werden von der Bevölkerung bestens angenommen“, erläutert Lüder, „nun sollen wir den Notfalldienst an die Krankenhäusern verlegen“. Da beides nicht finanziert werden könne, werde die KV wohl ihre Notfallpraxen schließen und den fahrenden Bereitschaftsdienst einstellen müssen.

 

Auch in vielen anderen Details zeige dieser Reformentwurf, dass er an den Versorgungsrealitäten einer Großstadt völlig vorbeigehe. Heinrich appelliert deshalb an die Politik: „Wir fordern den Senat und insbesondere Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks eindringlich auf, ihren Einfluss in Berlin geltend zu machen, um diesen zerstörerischen Pläne noch aufzuhalten.“