KV Hamburg nennt Debatte um „Fangprämien“ verlogen
Als „verlogen" hat der stellvertretende Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, Walter Plassmann, die Debatte um sogenannte Fangprämien für Einweisungen von Patienten in bestimmte Krankenhäuser genannt. Wenn jetzt ausgerechnet diejenigen am lautesten klagten, die dafür verantwortlich seien, dass solche Auswüchse überhaupt entstehen können, sei der Gipfel der Heuchelei erreicht.
Plassmann forderte dazu auf, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen:
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Die Zahlung von Geld für die bloße Einweisung eines Patienten in ein bestimmtes Krankenhaus ist schon heute verboten. Solche klassischen Bestechungsfälle dürfte es allerdings kaum geben.
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Weitaus größer ist die Grauzone, in der Gelder für Leistungen bezahlt werden, die ein niedergelassener Arzt im Umfeld der Krankenhausbehandlung eines Patienten im Auftrag des Krankenhauses erbringt. Diese Zusammenarbeit ist politisch erwünscht und wird durch diverse gesetzliche Maßnahmen befördert. Vor allem Verträge zu „integrierter Versorgung" zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sind dabei so üppig ausgestattet, dass gute bis sehr gute Preise für solche „prä- und postoperativen Leistungen" gezahlt werden können. Vor allem die Kasse hat dabei ein großes Interesse, dass in ihr Vertrags-Krankenhaus gesteuert wird. Wo hierbei die angemessene Honorierung aufhört und die Bestechung beginnt, ist im Einzelfall nur enorm schwer zu klären.
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Weitaus gefährlicher für die Patientenautonomie ist die Übernahme von Praxen durch Kapitalgesellschaften und Krankenhäuser. In diesen Fällen wissen die Patienten häufig gar nicht, welchem Arbeitgeber der Arzt verantwortlich ist. Es liegt auf der Hand, dass in diesen Praxen nur in die eigenen Krankenhäuser eingewiesen wird, respektive in die Krankenhäuser, mit denen die Krankenkassen, die solche Kapitalgesellschaften unterstützen, besondere Verträge abgeschlossen haben. Diese für den Patienten nicht erkennbare Interessensverquickung ist weitaus bedeutender als Mißbräuche durch direkte Bestechung.
Plassmann nannte es deshalb „albern", dass nun neue Strafgesetze gefordert würden. „Viel wichtiger wäre es, eine vernünftige Wettbewerbsordnung zu schaffen", so der KV-Vize. Das von der Politik verantwortete, ungeregelte Nebeneinander mit nur schwer durchschaubaren Abhängigkeiten begünstige die Schaffung von Grauzonen. „Wir brauchen wieder klare Verhältnisse, dann können wir auch den Graubereich angehen", so Plassmann abschließend.